SN.AT / Salzburg / Chronik / Salzburg

Uralte Grabstätte liefert einzigartige Einblicke in Salzburgs Geschichte

In Folge der Renovierung des Eingangs wurde die Gruft unter der St.-Johannes-Kirche auf dem SALK-Gelände nach 20 Jahren wieder zugänglich. Bauleiter Norbert Haslauer gab Einblicke in die Grabstätte.

Eine gewöhnliche Grabstätte sieht anders aus. In uralte Gemäuer eingebettet, finden historische Persönlichkeiten hier ihre letzte Ruhe. Die Rede ist von einer Gruft, einem Ort, an den man sicherlich nicht jeden Tag kommt. Eine seltene Gelegenheit dazu bietet sich zurzeit in einem Gewölbe unter der 1704 fertiggestellten St.-Johannes-Kirche. Im Rahmen von Renovierungsarbeiten wird der Eingang zur auf dem SALK-Gelände gelegenen Kirche barrierefrei und die darunterliegende Gruft temporär frei zugänglich. Ein idealer Anlass für einen Lokalaugenschein. Mit spannender Erwartung die Treppenstufen hinabsteigend, kommt schon prompt der erste Hinweis von Norbert Haslauer: "Achtung, Kopf einziehen!"

Gemeinsame Grabstätte für Bischof und Seelsorger

Als Leiter der Bau- und Instandhaltungsmaßnahmen der SALK koordiniert Haslauer auch die Restaurierungs- und Renovierungsarbeiten der Kirche, zu der die Gruft gehört. So ein Projekt ist auch für ihn nicht alltäglich. "Wenn man über fast 40 Jahre am Bau unterwegs ist, ist so was zu restaurieren schon besonders." Das zentrale Element der länglich geformten Gruft wartet am Ende des Gewölbes. "Da hinten in der Vase sind die Eingeweide von Johann Ernst Thun", sagt Haslauer. Besagter Graf regierte von 1687 bis 1709 als Erzbischof in Salzburg.

Ein Porträt von Graf Johann Ernst von Thun und Hohenstein aus dem Jahr 1688.
Ein Porträt von Graf Johann Ernst von Thun und Hohenstein aus dem Jahr 1688.

Herz und Gehirn findet man anderswo

Der Einfluss des Stifters ist schon daran erkennbar, dass in der Gruft auf dem SALK-Gelände nur die Eingeweide beigesetzt wurden. Sein Gehirn findet man hingegen in der Unikirche, das Herz wiederum in der Dreifaltigkeitskirche. Diese Aufteilung erfolgte nicht ohne Grund. Das Priesterseminar sei das Herz der Diözese und die Dreifaltigkeitskirche das Herz des Glaubens. Daher wurde das Herz auch an diesem Ort aufbewahrt, erklärte der beim Rundgang anwesende Vizedechant des Salzburg Zentralraums, Josef Johann Pletzer. Das Gehirn fand dagegen seinen logischen Platz in der Nähe der Universität, und da man öfter an Krankheiten an den Organen leide, passten die Eingeweide gut in die Spitalskirche, so Pletzer.

Verbindung zu heutigen Aushängeschildern

Den geistlichen Regenten verbindet man heute noch mit zahlreichen Bauprojekten, die ihrerseits zu Aushängeschildern des barocken Salzburg wurden. Unter den Ägiden des Fürsterzbischofs entstanden mit dem bekannten Grazer Architekten Johann Bernhard Fischer von Erlach die Felsenreitschule, die Dreifaltigkeits-, aber auch die Kollegien- und Ursulinenkirche. Auch das Schloss Kleßheim und das Landeskrankenhaus wurden von dem barocken Baumeister im Auftrag des Grafen von Thun und Hohenstein errichtet.

Die St. Johannes Kirche von außen.
Die St. Johannes Kirche von außen.

Neben den Eingeweiden Johann Ernst Thuns fanden 37 weitere Männer hier ihre letzte Ruhestätte. Ihre Gräber sind mit Nummern versehen, eine Tafel klärt über die jeweiligen Bestatteten auf, die allesamt Seelsorger waren. 1790 wurde der letzte von ihnen begraben. "In dieser Form sind sie in der Kirche verewigt und tragen ihr Fundament", sagt Haslauer. Neben den Gräbern selbst geben einige Tafeln Einblick in die Geschichte der Gruft. Diesen kann man unter anderem entnehmen, dass wir nicht die ersten interessierten Besucher hier sind. Bereits in den Jahren 1904, 1953 oder 1984 erfolgten beispielsweise Begehungen der Gruft. Eine der Tafeln (siehe rechts, rundes Bild) stammt laut Bundesdenkmalamt sogar noch aus der Erbauerzeit, so Haslauer. Die hier begrabenen Seelsorger sollen in voller Priestermontur begraben worden sein. In ihren Händen hielten sie einen Rosenkranz. Durch das Anfüllen des Sargs mit Sägespänen und die gute Belüftung der Gruft durch seitliche Luftschächte seien sie mehr oder weniger mumifiziert worden.

Zugang zur Gruft ist beschränkt

In Haslauers Verantwortungsbereich fallen auch die aktuellen Umbaumaßnahmen an der Kirche, für die der Boden angehoben wird. Vorher gab es nur eine Holzrampe und daher war der Zugang nicht barrierefrei. Das soll sich nun ändern, indem der Eingangsbereich ebenerdig wird. Zudem ermöglicht der elektrische Türöffner in Zukunft den Zugang für jedermann.

Während der Renovierungsarbeiten können Medienvertreter die Gruft besuchen. Dass sich diese Möglichkeit nicht auch der breiten Bevölkerung bietet, hat sicherheitstechnische Gründe. Die Stiege entspreche nicht mehr den heutigen Bauauflagen, erklärt Haslauer. Für die Öffentlichkeit sei die Gruft daher aus versicherungstechnischen Gründen nicht öffenbar.

Wegen Umbaumaßnahmen steht der Eingang zur Gruft momentan frei.
Wegen Umbaumaßnahmen steht der Eingang zur Gruft momentan frei.

Renovierung in mehreren Abschnitten

Die Eingangsrenovierung ist bereits der dritte Abschnitt der Restaurierungsmaßnahmen. Im ersten Abschnitt wurden die Raumschale und das Heizsystem restauriert beziehungsweise erneuert. Mit der nun vorhandenen Fußbodenheizung und mehreren Messpunkten innerhalb der Kirche sowie einer damit verbundenen Lüftungsklappe soll die 2023 vollendete Restaurierung länger erhalten bleiben.

Im Rahmen der Restaurierung wurden der Stuck und die Holzskulpturen von der 1962 aufgetragenen Dispersionsfarbe in monatelanger Kleinstarbeit befreit. Im zweiten Abschnitt wurden die stark durch Korrosion beschädigte Krypta und die Pietà restauriert. "Die Freilegung der Flusssteine und der Fugen war das Aufwendigste", erklärt Haslauer über ein Krypta-Flusssteinmosaik, das zuvor mit Farbe übermalt war. Bei der Freilegung des mit "Dona eis requiem" (Schenke ihnen Ruhe) beschrifteten Mosaiks sowie der Rillen kamen auch Zahnstocher zum Einsatz. In einem vierten Abschnitt, der 2025 erfolgen soll, werden die Außenfassade und das teilweise schon rissige verzinkte Blechdach restauriert.

STADT SALZBURG-NEWSLETTER

Jetzt kostenlos anmelden und wöchentlich topaktuelle Informationen aus Ihrer Region kompakt per E-Mail erhalten.

*) Eine Abbestellung ist jederzeit möglich, weitere Informationen dazu finden Sie hier.

Norbert Haslauer leitet die Umbaumaßnahmen der Kirche über der Gruft. In der Vase im Hintergrund sind die Eingeweide eines früheren Salzburger Erzbischofs beigesetzt.
Norbert Haslauer leitet die Umbaumaßnahmen der Kirche über der Gruft. In der Vase im Hintergrund sind die Eingeweide eines früheren Salzburger Erzbischofs beigesetzt.

KOMMENTARE (0)

SN Karriere