SN.AT / Leben / Karriere

Recruiting neu gedacht

Frisches Blut statt Mandatesammlern: Wie ein Personalberater digitale Medien nutzt, um für mehr Vielfalt in Aufsichtsräten zu sorgen.

Die EO Austria will mehr Diversität, Transparenz und Digitalisierung ins Recruiting bringen.
Die EO Austria will mehr Diversität, Transparenz und Digitalisierung ins Recruiting bringen.

Wer in Österreich in einem Aufsichtsrat sitzt, sitzt oftmals auch in etlichen anderen. Ein Konzept, das Herbert Fritsch-Richter hinterfragt. Er ist Director von EO Austria, einer global agierenden Personalberatung, die hierzulande seit fünf Jahren auf dem Markt ist und sich auf die Besetzung von Führungspositionen spezialisiert hat, von der Abteilungsleitung bis zum Vorstandsvorsitz.

Die Suche nach Aufsichtsratsmitgliedern

Außerdem begibt sich EO Austria immer wieder auf die Suche nach Aufsichtsratsmitgliedern. Diese sind gewissermaßen der Filter des Wesentlichen für Unternehmen: Ihre Aufgabe ist es, den Vorstand sowie die Geschäftsführung zu kontrollieren und zu beraten - insbesondere hinsichtlich Wirtschaftlichkeit und Rentabilität. Was ein Aufsichtsrat, eine Aufsichtsrätin konkret können muss, ist gesetzlich in den wenigsten Fällen geregelt. Für Susanne Kalss, die das Institut für Unternehmensrecht an der Wirtschaftsuniversität Wien leitet, ist ein gutes Aufsichtsratsmitglied "nicht so sehr ein Spezialist mit eng geschnittenem Wissen, vielmehr eine Generalistin mit Gespür und Interesse für Entwicklungen". Zu den unerlässlichen Fähigkeiten von Aufsichtsräten zählt die Expertin "wirtschaftliches Grundverständnis, Interesse für das Unternehmen und sein Geschäftsmodell und ausreichend Zeit". Ein wichtiger Punkt auch für Herbert Fritsch-Richter: "Unsere Kunden haben mehr davon, wenn wir einen Kandidaten finden, der Zeit und Herzblut für seine Funktion mitbringt, und nicht einen, der, wie es leider üblich ist in Österreich, sein viertes, fünftes Mandat anpeilt", erläutert der Personalberater. "Immerhin sollte ein Aufsichtsratsmitglied nicht nur eine Kontrollfunktion ausüben, sondern als Sparringspartner dienen, der das Unternehmen bei der strategischen Ausrichtung berät."

Mehr Vielfalt für Aufsichtsräte: Die Rolle von EO Austria

Unternehmensrechtlerin Kalss empfiehlt bei der Zusammensetzung von Aufsichtsräten außerdem, auf Vielfalt zu achten: "erfahrene und junge Mitglieder, Männer und Frauen, internationale und nationale Verankerung". In der Realität zeigen sich Aufsichtsräte börsennotierter Unternehmen in Österreich weit weniger divers: Aktuell sitzen dort 36,5 Prozent Frauen. Das ist zwar ein signifikanter Anstieg im Vergleich zum Jahr 2018 (22,4 Prozent), gleichzeitig werden zehn der 69 Börsenunternehmen in Österreich in Vorstand wie Aufsichtsrat als "All-male Board" geführt, wie eine aktuelle Auswertung der Arbeiterkammer zeigt.

"Kandidaten, die unsere Kunden so nicht auf dem Schirm haben."
Herbert Fritsch-Richter
Director EO Austria

Hier setzt EO Austria an: Die Agentur will mehr Diversität, Transparenz und Digitalisierung ins Recruiting und damit in die heimischen Aufsichtsräte bringen. Dazu hat sie ihre Suche - neben der Durchforstung einschlägiger, mitunter veralteter Datenbanken - auf soziale Netzwerke zum Pflegen von Geschäftskontakten ausgeweitet. "Viele sprechen von mehr Diversität, aber wir haben den Rekrutierungsprozess wirklich so aufgesetzt, dass wir unseren Kunden neben den klassischen Kandidaten solche präsentieren können, die sie nicht auf dem Schirm gehabt hätten", erklärt Fritsch-Richter.

Die Aufsichtsratssuche über die sozialen Medien sei ein absolutes Novum für Österreich. Dank dieser hätten sich mehr jüngere Kandidaten beworben, mehr Frauen, mehr branchenfremde Kandidaten. "Wir haben die Rückmeldung bekommen: Eine Aufsichtsratsposition - ich wusste gar nicht, dass ich dafür infrage komme. Das bringt mehr Vielfalt in die Auswahl, was Board und Firmen guttut, gerade in Zeiten von multiplen Krisen." Heute brauche es "Führungskräfte, die der Zeit gewachsen sind", ist Fritsch-Richter überzeugt und schildert das Beispiel eines österreichischen Industrieunternehmens mit rund 5000 Mitarbeitern weltweit, das EO Austria mit der Suche nach einem neuen Aufsichtsratsmitglied betraut hat: "Dadurch, dass sich die Welt gerade stark hin zu E-Mobility verändert, sucht unser Kunde Kandidaten, die mittendrin sind, nicht Leute, die vor 15 Jahren wussten, wie Management und Automotive funktionieren." Innerhalb einer Woche hatte die Anzeige mehr als 18.000 Ansichten, mehr als 100 Nachrichten erreichten Fritsch-Richter in dieser Zeit. Schließlich konnten mehr als 300 Kandidatinnen für die Position begeistert werden.

Online-Bewerbungsgespräche und mehr

Wie der Prozess abläuft? "Je nach Dringlichkeit haben wir innerhalb von sechs bis acht Wochen eine Auswahl von geeigneten Kandidaten gefunden, aus der unser Auftraggeber dann persönlich eine Auswahl trifft", so der Personalberater. Zunächst werde jeder eingelangte Lebenslauf persönlich gescreent, anschließend gebe es einen kurzen telefonischen Erstkontakt. Dann erhalten Kandidaten erste Fragen für die Vakanz übermittelt. Bewerbungsgespräche mit interessanten Kandidatinnen fänden üblicherweise online statt. "Auch wenn das Ganze sehr groß ist, können wir den Prozess so sehr effizient führen."