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Marcel Hirscher äußert sich: Die Rückkehr des nun niederländischen Ski-Königs

Der achtfache Weltcup-Gesamtsieger feiert ein sensationelles Comeback für die Niederlande. Trotz großer Unterstützung, von Red Bull und vom ÖSV, ist es ein weiter Weg zurück. Er selbst hält den Ball flach. Nun äußerte er sich in einer Videobotschaft.

Marcel Hirscher kommt zurück.
Marcel Hirscher kommt zurück.
Comeback: Skistar Marcel Hirscher ist mit einem Paukenschlag zurück.
Comeback: Skistar Marcel Hirscher ist mit einem Paukenschlag zurück.

Marcel Hirscher feiert ein Comeback im Skisport und wird künftig nach einem Nationenwechsel für die Niederlande fahren - was eigentlich wie ein bemühter Aprilscherz klingt, ist seit Mittwochvormittag ganz offiziell. Da hat sich um 7.30 Uhr die ÖSV-Präsidentenkonferenz zu einer Sondersitzung getroffen und einstimmig beschlossen, dass man Hirscher die Freigabe für dieses Vorhaben erteilen wird. Eine Stunde später ging man an die Medien. "Es ist nicht so, dass wir Marcel Hirscher nicht auch noch gerne im ÖSV gehalten hätten, aber wir respektieren seinen Wunsch. Die Freigabe ist als Wertschätzung für seine großen Verdienste im Skisport zu sehen", sagt Generalsekretär Christian Scherer, der aktuell bei FIS-Sitzungen in Genf weilt.

Immer wieder Spekulationen über Hirscher-Comeback

Über ein Hirscher-Comeback war immer wieder spekuliert worden, er selbst hat es jedoch immer strikt von sich gewiesen. Doch in den letzten Wochen dürfte es schnell gegangen sein. "Insgeheim haben wir uns alle gewünscht, dass Marcel zurückkehrt, und er hat auch immer wieder den Wunsch danach verspürt, aber die Entscheidung zum Comeback dürfte dann ganz kurzfristig gefallen sein", meinte Toni Giger, der ehemalige Sportdirektor des ÖSV und jetzige Geschäftsführer der von Hirscher ins Leben gerufenen Skimarke VanDeer. Konkret habe Hirscher in der Vorwoche den ÖSV um ein Gespräch ersucht. "Wir hatten dann in Salzburg ein sehr gutes Gespräch, bei dem wir uns schnell einig waren", sagt Scherer.

Auch ÖSV buhlte um Hirscher

Der ÖSV hätte Hirscher alle Optionen offengehalten. Denn die Skimarke Van Deer ist nicht im Austria-Ski-Pool, damit hätte Hirscher innerhalb des ÖSV die Ski nicht verwenden dürfen. "Wir hätten hier eine Sonderregel geschaffen, das wäre möglich gewesen, das haben wir juristisch abgeklärt", meinte Scherer. "Aber Hirscher hat gesagt, er will keine Sonderregel, und das akzeptieren wir auch." Der Nationenwechsel wurde möglich, weil Hirschers Mutter bekanntlich Niederländerin ist.

Marcel Hirscher: "Projekt ist in Holland leichter umzusetzen"

"Die Zukunft im ÖSV gehört den jungen Athleten und deshalb möchte ich nicht, dass meinetwegen Ressourcen gebunden, Ausnahmeregeln gemacht oder Startplätze freigehalten werden. Ich bin mit dem ÖSV im besten Einvernehmen und dankbar für alles, was wir erreicht haben - mein neues Projekt ist in Holland einfacher umzusetzen", teilt Hirscher mit. Er kann auf ein gewaltiges Netzwerk an Betreuern und Sponsoren zurückgreifen, das im Skisport seinesgleichen sucht. Um das Training wird sich Patrick Riml kümmern. Der ehemalige Alpindirektor des ÖSV und bis März des US-Ski-Teams ist neuer Athletenbetreuer von Red Bull. Mit dabei sind auch Toni Giger, Servicemann-Legende Edi Unterberger und letztlich wohl auch Hirschers Vater Ferdinand, der immer der Erfolgscoach hinter Hirscher war. Dazu kommt die Unterstützung von Red Bull und auch sein allererster Manager, Michael Holzer, kehrt ins Team zurück.

Sportlich hohe Hürden, "weil es mir Spaß macht"

Dennoch liegen hohe Hürden vor Hirscher. Derer ist er sich bewusst, ebenso bewusst dämpft er die Erwartungshaltung: "Ich bin vor fünf Jahren zurückgetreten und jetzt 35 Jahre alt - dementsprechend muss man meine Idee auch einordnen: Ich hätte gerne die Möglichkeit, ab und zu Rennen zu fahren, einfach weil es mir Spaß macht." Nach fünfjähriger Pause hat der Salzburger keine FIS-Punkte mehr, die sind aber die sportliche Voraussetzung für ein Antreten im Weltcup. Die Niederlande haben zwar einen Quotenplatz, um den besetzen zu können, muss der nominierte Athlet aber in der Weltrangliste unter den besten 150 aufscheinen. "Das ist ein weiter Weg in den Weltcup", befand auch Toni Giger. Hirscher wird daher ab August zahlreiche FIS-Rennen in Neuseeland bestreiten, um sich hier in seinen Spezialdisziplinen Riesentorlauf und Slalom die Punkte zu holen.

Hirscher hat nie aufgehört zu trainieren

Das ist für ÖSV-Herren-Cheftrainer Marko Pfeifer der Schlüssel. "Ob er auch im Weltcup wieder an die Spitze kommt, hängt ganz wesentlich von den Startnummern ab, die er sich erarbeitet. Das kann schnell gehen, das kann aber auch dauern." Sportlich traut Pfeifer dem mitunter erfolgreichsten Skirennläufer der Geschichte alles zu. "Er hat ja immer weitertrainiert."

Hirscher mit Kristoffersen und Braathen?

Gut vorstellbar ist freilich auch, dass Hirscher künftig eine Trainingsgruppe mit seinem ehemaligen Konkurrenten und jetzigen Van-Deer-Markenkollegen Henrik Kristoffersen bildet. Der Norweger, der seinen Lebensmittelpunkt in der Stadt Salzburg hat, war in der vergangenen Saison sieglos geblieben und nur drei Mal auf dem Podest gestanden. Auch eine Kooperation mit einem weiteren Norweger, der ebenfalls tatkräftig von Red Bull unterstützt wird und nach einem Jahr Pause künftig für Brasilien an den Start geht, ist naheliegend: Lucas "Pinheiro" Braathen hatte erst im März medienwirksam sein Comeback angekündigt.

Niederländer Hirscher "von gesellschaftlichem Wert für unser Land"

Die Reaktionen auf das Hirscher-Comeback (siehe Seite 18) sind durchwegs positiv. "Und Angst, dass uns jetzt die Niederländer links und rechts um die Ohren fahren, die habe ich nicht", sagt ÖSV-Boss Scherer mit einem Augenzwinkern. Abgesehen vom Sportlichen ist das Comeback natürlich ein Marketing-Coup. Nicht nur für seine Skifirma, sondern auch für den Tourismus. Schließlich sind die Niederlande mit 2,2 Millionen Skifahrern und jährlich 6,7 Millionen Nächtigungen ein Hauptmarkt für Österreich. "Marcel ist eine globale Ikone und Inspiration für alle Skifahrer", sagt Frits Avis, Generalsekretär des Niederländischen Skiverbands. Dass Hirscher sein Comeback unter der niederländischen Flagge gebe, sei "eine absolute Ehre und ein Impuls von gesellschaftlichem Wert für unser Land".

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