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Blick auf Ghana: Historie und Hoffnung

Afrika: Besuch in Ghana. Ein Mosaik aus lebhaften Fischerorten, beschaulichen Dörfern in den Bergen, geschichtsträchtigen Plätzen und Nachhaltigkeitsprojekten.

Strandszene in Cape Coast am Golf von Guinea.
Strandszene in Cape Coast am Golf von Guinea.
600-Seelen-Dorf mit Wanderwegen und kluger Abfallwirtschaft: Liati Wote.
600-Seelen-Dorf mit Wanderwegen und kluger Abfallwirtschaft: Liati Wote.
Straßenszene in der geschichtsträchtigen Hafenstadt Elmina. 
Straßenszene in der geschichtsträchtigen Hafenstadt Elmina. 
Einst Sammelplatz für den Sklavenhandel, heute Museum: Fort Elmina.
Einst Sammelplatz für den Sklavenhandel, heute Museum: Fort Elmina.
Paddeln im traditionellen Kanu auf dem Volta-Fluss.
Paddeln im traditionellen Kanu auf dem Volta-Fluss.
Canopy-Parcours im Kakum-Nationalpark.
Canopy-Parcours im Kakum-Nationalpark.

ausende bunt bemalte und unterschiedlich beflaggte Boote fahren in den Morgenstunden in den Fischerhafen von Elmina ein. Die Fischer kehren mit ihren oft kargen Fängen der Nacht zurück, flink kommen ihnen Händler in kleineren Booten entgegen, um sich die besten Stücke zu sichern und in der Region weiterzuverkaufen. Ein Teil des Fangs wird vor Ort am Markt verarbeitet und geräuchert, diesen Job übernehmen zumeist die Frauen. Ein farbenprächtiges Bild, das sich täglich außer dienstags - da herrscht Ruhetag für die Fischer - zeigt, begleitet von hektischem Trubel, Lärm und unterschiedlichen Gerüchen. Die Stadt lebt noch immer von der Fischerei, wenn auch nicht mehr so gut, da das Geschäft unter Überfischung und illegalen Fangmethoden leidet. Doch es bleiben noch die Salzproduktion und der Tourismus.

Viele internationale Besucher kommen in die Küstenstadt, etwa drei Stunden westlich von der Hauptstadt Accra, um in die Geschichte des Landes, das seit 1957 von Großbritannien unabhängig ist, einzutauchen; viele auch, etwa aus den USA, um nach ihren eigenen Wurzeln zu suchen. 32 Forts gibt es an der Küste von Ghana, über Jahrhunderte für den Gold- und den Sklavenhandel gebaut und betrieben. Eines der größten davon ist Cape Coast Castle, ein anderes, etwa zehn Kilometer weiter, Elmina St. Georges Castle, im 15. Jahrhundert von den Portugiesen errichtet, von den Holländern 235 Jahre lang betrieben und schließlich 1782 von den Briten übernommen.

Es gilt als eines der bedeutendsten im transatlantischen Sklavenhandel, wie Freda Agyei Obessey bei einer Führung durch die Anlage erklärt. "Die Menschen wurden aus Ghana, Nigeria, Benin, Togo und Burkina Faso zusammengetrieben und mussten oft zwei Monate lang barfuß bis an die Küste marschieren", erzählt die junge Frau aus dem Westen Ghanas. In den Kellergewölben wurden sie wochenlang unter erbarmungslosen Bedingungen eingesperrt, geschlagen, die Frauen vergewaltigt. Wer überlebte, wurde schließlich zum "Gate of No Return" am Hafen geführt und als Sklave verschifft, zumeist Richtung Amerika.

Viel mehr Hoffnung erzeugt da das Baobab House in Cape Coast. Hier wird übernachtet, Kaffee getrunken, gespeist und das eine oder andere Erzeugnis aus der Baobab-Frucht und dem Moringa-Baum, Öle, Tees oder auch Textilien erworben. Die soziale Einrichtung gehört so wie die "Schule für Handwerk und Handwerkskunst" zur Baobab Children Foundation, 2001 von Edith de Vos gegründet. Nach Ghana führte die Deutsche eine Urlaubsreise - und sie blieb, zunächst als Lehrerin, dann baute sie gemeinsam mit ghanaischen Lehrern das Projekt auf. "Mit den Einnahmen unterstützen wir die Schule, in der Kinder aus armen Verhältnissen, Kinder, die auf der Straße leben, und körperlich behinderte Jugendliche lernen können", erzählt sie. Dazu zählt auch eine Bio-Farm, auf der die jungen Leute alles über Anbau und Verarbeitung von Obst, Gemüse und Heilpflanzen lernen. "Zu uns kann jeder kommen, egal welche Religion, welche Herkunft." Sie lächelt.

Nordöstlich von Accra warten die Naturerlebnisse. Während man am Volta-Fluss Möglichkeiten zum Campen, zu Kajak-Touren, Bootsfahrten, zum Abseilen oder gar zu Paintball-Abenteuern vorfindet - und sogar schicke Restaurants -, geht es in den Bergdörfern beschaulicher zu. Zu Füßen des Mount Afadjato, nicht weit weg von der Grenze zu Togo, liegt das 600-Einwohner-Dorf Liati Wote. Beliebt ist der Wanderweg zu den Tagbo Falls durch den tropischen Wald und vorbei am Fluss und an Plantagen.

Gefährliche Tiere gibt es keine, von den kleinen Ameisen abgesehen. "Schnell über die Ameisenstraße springen", warnt Reiseleiter Isaac Aziawo. "Die Ameisen sind nicht tödlich, aber es tut sehr weh, wenn sie beißen!" Der Wasserfall hat für das Dorf aber auch eine besondere, heilige Bedeutung. "Es ist nicht erlaubt zu fischen oder etwas daraus zu essen, nicht einmal, das Geschirr im Wasser zu waschen", mahnt Isaac.

In Liati Wote hat das Tourismusunternehmen Jolinaiko Eco Tours die gemütliche Tagbo Falls Lodge errichtet, um die Gäste länger als nur einen Tag in dem kleinen Ort zu halten. Mit der NGO Stepping Stones for Africa Foundation wurde zudem das "Clean & Green Hub Project" gestartet. "Mehr Touristen heißt auch mehr Verschmutzung durch Plastikabfall, zudem brauchen wir sanitäre Anlagen und eine Wasserversorgung für Bewohner und Gäste", erklärt Projektmanager Wisdom Kpegba.

Also wurden Mistkübel aufgestellt, Wandbilder auf Häusern klären über Aktionen auf, die Dorfbewohner sammeln die Plastikflaschen und -sackerln ein, sortieren und verarbeiten sie zu Schürzen, Taschen, Duschhauben, Baumaterial, Plastikplanen und Souvenirs. Geplant sind auch mehr Wasserfiltersysteme und Abfüllstationen für Trinkwasser. Das Projekt schafft nicht nur Problembewusstsein, sondern auch Arbeitsplätze. "Tourismus ist hier nicht nur Business, sondern hat auch Auswirkung auf die lokale Bevölkerung", ist Wisdom überzeugt. Am Meer zwischen den Dörfern Dzita und Dzita-Abledomi, etwa dreieinhalb Stunden östlich von Accra, wecken Gesänge die Gäste der Öko-Lodge "Meet Me There". Bei Sonnenaufgang ziehen am scheinbar endlosen Strand Gruppen aus Männern, Frauen und Kindern organisiert im Rhythmus der Wellen die am Vortag ausgelegten Netze herein. "Es sind einfach nur Worte und Reime, die motivieren sollen", erklärt ein junger Fischer. Ausdauer ist gefragt. "Wir brauchen oft über zwei Stunden." Die Ausbeute ist dennoch gering. Ein paar Fische, Krebse und anderes Getier können sie aus dem Haufen aus Algen, Seegras und Müll herausklauben.

Mehrere Dörfer leben hier vom Fischen und von der Landwirtschaft, aber die Bedingungen sind schwierig. Tourismus mit seinen Hotels und Freizeitangeboten wie Kajak-Fahren am Volta ist daher wichtig. So wie Vorzeigebetriebe wie "Meet Me There", das NGO-Projekt in paradiesischer Lage an einer kleinen Lagune. Die Gäste gelangen zu Fuß über das Dorf an den Strand oder mit einem Ruderboot über die Lagune. Um der Müllsituation Herr zu werden, stellt das Hotel den Gästen Säcke und Handschuhe bereit, um Müll einzusammeln: Als Dank gibt es pro gefülltem Sack einen Cocktail. Ein Tropfen auf den heißen Stein, aber ein Anfang.

INFORMATION:

Einreise & Impfungen: Ein Visum ist notwendig und kann bei der Botschaft von Ghana (ghanaembassy.at) beantragt werden. Die Gelbfieberimpfung ist Pflicht.
Schlafen: Baobab House in Cape Coast, www.baobab-children-foundation.de; Golden Hill Parker Hotel, in den Hügeln von Elmina, Meerblick, Pool und gutes Restaurant, www.goldenhillparkerhotel.com; The Tagbo Falls Lodge, www.joli-ecotours.com/tagbofallslodge.htm; Meet Me There Lodge, www.ghanameetmethere.com
Erleben:
Kakum National Park: etwa eine Stunde von Elmina entfernt; einer der letzten zusammenhängenden Regenwälder Ghanas; Baumwipfelpfad und Hängeseilbrücken, Canopy Walkways, national-parks.org/ghana/kakum
Veranstalter:

Akwaba Afrika, www.akwaba-afrika.de; Jolinaiko Eco Tours: www.joli-ecotours.com

Infos zu Ghana:

www.visitghana.com

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